Erfolgreiche Betriebsübergabe
Jede Betriebsübergabe ist individuell, ihr Erfolg hängt von zahlreichen Faktoren ab. „Dass sich die beteiligten Parteien persönlich und in der Sache verstehen, ist eine der wichtigsten Voraussetzung“, erklärt Rainer Plößl, Unternehmensberater der Handwerkskammer für Unterfranken. Er und seine Kollegen unterstützen Betriebsinhaberinnen und Betriebsinhaber, die ihr Unternehmen übergeben möchten. Ebenso beraten sie Handwerkerinnen und Handwerker, die Interesse haben, einen Betrieb zu übernehmen. Im Fall der Schreinerei Freund aus Rödelmaier bei Bad Neustadt hat Rainer Plößl den ersten Kontakt zwischen Betriebsübergeber Jürgen Freund und Betriebsnachfolger Lutz Behr hergestellt und in der Folge im Prozess immer wieder als neutraler Berater vermittelt. „Ich habe beide als Menschen kennengelernt, die klare Ziele verfolgen, das aber nicht stur und kompromisslos. Beide waren an vielen Stellen auch Alternativen gegenüber aufgeschlossen, was entscheidend zur erfolgreichen Übergabe beigetragen hat“, erinnert sich der Unternehmensberater.
Schritt für Schritt
Punkte im Nachfolgeprozess, in denen eine Einigung nötig war, gab es viele, beginnend bei einem Kaufpreis, über unterschiedlichste Vertragsinhalte, die Übernahme langjähriger Kundinnen und Kunden bis hin zur Finanzierung. Immer wieder war es dabei nötig, dass Lutz Behr und Jürgen Freund Kompromisse eingehen. „Meine ersten Anläufe, einen Kredit zu erhalten, haben die Banken abgelehnt“, schildert beispielsweise Nachfolger Lutz Behr. In Kooperation mit Berater Rainer Plößl entwickelte der heute 25-Jährige deshalb ein individuelles Konzept für die Finanzierung. Auch Übergeber Jürgen Freund spielte hierbei eine entscheidende Rolle: Er wandelte einen Teil des Kaufpreises in einen Unternehmerkredit um, für dessen Tilgung Lutz Behr das Geld nun im laufenden Betrieb erwirtschaftet und schrittweise zurückzahlt. „Das ist natürlich auch ein finanzielles Risiko für mich, denn das Geld erhalte ich nur, wenn das Unternehmen weiterhin erfolgreich geführt wird“, so der heute 58-jährige Betriebsübergeber.
Loslassen und loslegen
Lutz Behr stieg Mitte 2020, nachdem er seine Weiterbildung zum Meister erfolgreich abgeschlossen hatte, zunächst als Mitarbeiter ins Unternehmen ein. „Das Ziel war, die Belegschaft und meine künftigen Aufgaben kennenzulernen“, erklärt er. Jürgen Freund hatte auf der anderen Seite den 31. Dezember 2022 als seinen letzten Arbeitstag festgelegt: „Das habe ich gegenüber meinem Nachfolger auch klar kommuniziert. Wir hatten deshalb einen klaren Zeitrahmen, in dem wir die Nachfolge abgewickelt haben.“ Unternehmensberater Rainer Plößl ergänzt: „Nicht nur für Nachfolger und Übergeber ist ein fest definiertes Übergabedatum hilfreich. Es nutzt vor allem auch den Mitarbeitenden, die sich damit ebenfalls auf den Wechsel einstellen können.“ So startete Lutz Behr zum 1. Januar 2023 als Geschäftsführer der Schreinerei Freund und ist nach gut eineinhalb Jahren inzwischen angekommen – mittendrin in seinem Berufsleben als selbstständiger Unternehmer. Er hat losgelegt und verwirklicht seinen persönlichen Traum vom eigenen Unternehmen. Und Jürgen Freund hat losgelassen, denn er weiß seine ehemalige Schreinerei bei Nachfolger Lutz Behr in guten Händen.